der innere bergbau

©Arne Schmitt

eine Hörspielproduktion von Artmann&Duvoisin in Kooperation mit Deutschlandfunk Kultur

“Arbeit, darunter verstehe ich etwas, wozu man sich umziehen und wonach die Kleidung gewaschen werden muss, Aber dann macht es natürlich einen großen Unterschied, ob du deinen eigenen Schweiß und ein paar fremde Haare aus deiner Kleidung wäschst oder Mehl oder Grünspan, und ob dein eigener Schweiß athletischer Schweiß ist oder Angstschweiß, oder ob du gar nicht wirklich geschwitzt und deine Kleidung nur allmählich durchgemufft hast, ob deine Kleidung überhaupt zu reinigen ist, ob der Geruch überhaupt wieder herausgeht und ob über deinen Beruf ein Kinderbuch erschienen ist, ob du in der Pause einen Apfel wäschst und schälst oder ob über dich hinweg ein Flugzeug mit Düngemittel fliegt und dich genauso trifft wie das Obst und ob deine Arbeit an irgendeinem Rand stattfindet oder in irgendeiner Mitte oder an einem Ort, den du selbst nicht ausmachen kannst, ob du dich eher allmählich, fast mit einem Alterungsprozess zu verwechseln, abträgst, ob du in der Lage bist, deinen eigenen Verschleiß zu bezeugen, ob deine Erschöpfung eine heroische oder eine banale Erschöpfung ist, wofür du, wenn überhaupt, bewundert wirst, welchem Infektionsrisiko du ausgesetzt bist, und ob du den Boden wischst und dann darauf tanzt, oder ob du den Boden wischst und dann wischst du den nächsten Boden nebenan.”

Es gibt die Vorstellung von Arbeit als innerem Wachstum: sich verwirklichen und entfalten wie eine Pflanze, aufblühen. Und es gibt die Vorstellung von Arbeit als innerem Raubbau: sich erschöpfen und sich abbauen wie einen Bodenschatz, sich selbst an die Substanz gehen. Irgendwo dazwischen trainieren fünf Tänzer*innen. Sie beobachten sich selbst und die Welt um sie herum. Sie erschöpfen sich selbst und speisen die Erschöpfung wieder in den Verwertungskreislauf ein. Wie fühlt es sich an, wenn jedes Scheitern eine Chance sein muss, jedes Fallen durch einen Richtungswechsel scheinbar ohne Aufprall bleiben kann und jede private Krise das Material für ein neues Kunstprojekt sein sollte? Die Verwertungslogik sagt: Eine gute Performance ist eine möglichst kurze Zeit zwischen Input und Output. Die Tänzer*innen machen mit oder steigen aus, sie stemmen sich dagegen oder stimmen ein, sie stottern und husten oder wiederholen Zitate aus Popsongs. Ein musikalisches Hörspiel aus dem inneren Bergbau von Artmann&Duvoisin.

©Arne Schmitt


Regie: Elsa Artmann und Samuel Duvoisin
Mit: Jördis Trauer, Lou Strenger, Yoshii Riesen, Oscar Olivo, Annina Walt, Markus Gertken, Mathias Renneisen und Joshua Seelenbinder

Komposition: Annie Bloch

Künstlerische Mitarbeit: Ale Bachlechner und Thomas Meckel
Ton und Technik: Alexander Brennecke und Christoph Richter

Dramaturgie: Johann Mittmann und Julia Gabel
Produktion: Deutschlandfunk Kultur/Nationales Performance Netz 2022

Länge: 55’38

Uraufführung am 12.01.2023, nach den 22 Uhr Nachrichten auf Deutschlandfunk Kultur
Zum nachhören auf: https://www.hoerspielundfeature.de

Unterstützt durch das NATIONALE PERFORMANCE NETZ – STEPPING OUT, gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen der Initiative NEUSTART KULTUR. Hilfsprogramm Tanz.